Dieser Beitrag ist der letzte Teil meines dreiteiligen Rückblicks über einen sehr persönlichen Trimph, den ich am 28.04.2019 mit meiner Teilnahme am Hermannslauf 2019 erleben durfte. Im dritten Teil berichte ich in allen Einzelheiten über den Lauf und das emotionale Ende.

Die vorhergehenden Artikel findest du hier:
Teil 1: https://www.peter-schmidt.info/rueckblick-hermannslauf-2019-teil-1/
Teil 2: https://www.peter-schmidt.info/rueckblick-hermannslauf-2019-teil-2/

Es fängt gut an

Der Hermannslauf beginnt sehr motivierend, das muss man ihm lassen. Die ersten fünf Kilometer geht es, bis auf eine kleine Steigung, nahezu ausschließlich bergab. Das Wetter war herrlich sonnig und dabei angenehm kühl. Meine Stimmung lockerte sich etwas nach der ganzen Anspannung vor dem Start. Es machte sich bezahlt, dass ich mir die Strecke im Vorfeld angeschaut hatte. Gerade dieser erste Abschnitt kann zu Fehleinschätzungen bei der Wahl des Tempos führen. Mir hat dabei auch geholfen, dass ich auf meiner Laufuhr das Tempo kontrollieren konnte und in mich reinhörte, wie sich das Tempo anfühlte. Ich zügelte mich etwas, denn beim ersten Mal wollte ich kein unnötiges Risiko eingehen.

Traditionell werden übrigens bei den leistungsorientierteren Teilnehmenden des Hermanns auch die Abschnitte, die bergab führen, mit hohem Tempo angegangen. Meine Empfehlung für alle Anfänger*innen ist, sich bergab treiben zu lassen, bewusst durchzuatmen, zu genießen und den Puls leicht zu senken. Steigungen hat der Hermann genug und dafür braucht es Reserven.

Immer wieder ging es an kleinen Gruppen von Zuschauenden vorbei, die sangen, trommelten, anfeuerten. An ein kleines Orchester erinnere ich mich besonders gut. Sie spielten Helene Fischers „Atemlos“. „Wie passend“, schmunzelte ich in mich hinein. Überhaupt ist der Zuspruch an Zuschauer*innen der ganz besondere und unvergessliche Charme des Hermanns. Neben der reizvollen Strecke natürlich.

Die erste ernsthafte Steigung folgte ab Kilometer 5 mit dem Großen Ehberg/Allhornberg. Der dicht bewaldete Anstieg lief sich erstaunlich gut . Auch alle Läufer*innen um mich herum gingen diszipliniert und in konzentrierter Stille den Weg nach oben an. Ich war offen gesagt wirklich überrascht, wie gut es gerade hier voranging.

„Highway to Hell“ – Die Augustdorfer Panzerstraße

Nach dem Abstieg folgte die Augustdorfer Panzerstraße, die extra für den Hermann öffentlich genutzt werden darf. Die Straße ist so breit, dass locker 10 Läufer*innen enstpannt nebeneinander darauf laufen könnten. Bis auf den Zieleinlauf in Bielefeld und die „Halbzeit“ in Oerlinghausen war das der Ort mit den meisten Zuschauer*innen. Gott was war das motivierend! Ich raste gefühlt geradezu dahin. Zu schnell, wie ich leider erst am Ende dieses Abschnittes merkte. Ich zügelte wieder mein Tempo. Zum Glück wirkte sich dieser eigentlich unnötige Zwischenspurt nicht negativ aus.

Es folgten mehrere Kilometer mit recht ebener Strecke. So langsam setzte jedoch auch eine gewisse Ermüdung bei mir ein. Das merke ich u.a. daran, dass ich etwas genervt war, wenn andere Läufer*innen schnaufend in meinem Rücken atmeten, sich angeregt unterhielten oder jemand die Paceansage seines Smartphones auf laut gestellt hatte. Ich verstehe das im Normalfall alles vollkommen und verurteile das auch jetzt nicht. Als Gegenmaßnahme regulierte ich meine Geschwindigkeit etwas und nahm eines meiner beiden Energiegele zu mir. Das nächste Mal wollte ich auf jeden Fall eine Sorte nehmen, die flüssiger ist. Die, die ich gekauft hatte, war sehr dickflüssig und wären mit etwas Wasser von einer Verpflegungsstation sicher leichter zu genießen gewesen. Auf diese wollte ich aber nicht warten. Ich wusste aus dem Kopf auch nur, dass sie alle 5 Kilometer aufgebaut werden.

Apropos Verpflegungsstation: Da ich nicht wusste, wie mein Körper auf die angebotenen Früchte und Getränke reagiert, begnügte ich mich an den fünf Stationen mit Wasser. Und kam gut damit zurecht.

Der verhagelte Tönsberg

Ungefähr ab Kilometer 13 zeigte der Hermann seine Zähne. Es ging nach ein paar vorbereitenden Anstiegen hoch auf den höchsten Berg der Strecke (das Hermannsdenkmal ausgenommen): den Tönsberg. Zuerst wunderte ich mich etwas, dass viele um mich herum anfingen zu gehen, als die Steigungen stärker wurden. Ich hatte wirklich angenommen, dass hier gelaufen wird. Ich versuchte, hier weitestgehend wenigstens langsam zu laufen, was mir hier auch noch gelang. Später jedoch nicht mehr.

Etwa auf halber Strecke begann es dann zu hageln – ja, das Wetter schwang hier in Regen und Hagel um. Bis dahin war es trocken geblieben. Und wisst ihr was: Ich habe das geliebt. Ich bin ein Schlechtwetterläufer und liebe das Laufen im Regen. Auch wenn die Schuhe sehr nass wurden und die Strecke sehr schlammig, hatte ich mein Freude an diesem Abschnitt. Das zog mich durch die folgenden Kilometern, die u.a. durch den kleinen Ort Oerlinghausen führten. Hier sitzen traditonell viele Zuschauer*innen auf den Terrassen von Cafés oder Kneipen. Leider hatte der Regen sie teilweise nach drinnen getrieben. Dennochen feuerten viele die Läufer*innen an. Das Kopfsteinpflaster lief sich leider unangenehm und teilweise waren die engen Kurven glatt. Bei Regen empfehle ich hier wirklich sehr aufzupassen und das Tempo anzupassen.

Treppensteigen und der letzte große Anstieg

Ab Kilometer 20 begann für mich der größte Kampf meines ersten Hermannslaufs. Die Kräfte schwanden und ich musste mich mental immer mehr motivieren. Irgendwie zog es sich alles und selbst kleinste Anstiege nervten. Jeder Schritt kostete. Dann kamen auch noch die 120 Treppenstufen nach der Lämershagener Autobahnbrücke. Hier bildete sich ein kleiner Stau – warten war so das, was ich gerade am wenigsten gebrauchen konnte. Als ich die einzelnen Treppenstufen nahm, bohrte die Sorge in meinem, ich müsse mich übergeben. Die Muskeln brannten.

Im Nachhinein würde ich sagen, dass die Treppen die größte Belastung für meinen Körper waren. Weitere Anstiege hoch zum Einsernen Anton folgten, zwischenzeitlich ging ich immer wieder. Was am Großen Ehberg noch sehr gut klappte, wollte meine Beine hier nicht mehr mitmachen.

Der befestigte Abstieg vom Einsernen Anton war auch nicht mehr so entspannend, wie ich ihn vom Training kannte. An dieser Stelle steckten über 25 Kilometer in meinen Knochen. Nun lag der letzte ernsthafte Anstieg vor mir. Ich meine, dass eine Kollegin diesen Teil auch „Kotzhügel“ genannt hatte. Gekotzt hat zum Glück niemand.

Die letzten Kilometer ins Ziel

Nachdem der „Kotzhügel“ bewältigt war und ich so langsam realisierte, dass es jetzt fast nur noch abwärts ging, setzte eine Gedanke ein, den ich „geplant“ hatte: „Jetzt nimmt dir nichts und niemand mehr den Erfolg! Jetzt holst du dir das Ziel!“ (Ich schreibe das mit Tränen in den Augen, weil es mich heute noch rührt.) All die Male, die ich im Training auf diesem Abschnitt lief, stellte ich mir vor, dass ich genau hier diesen Gedanken ergreifen wollte und mit beiden Händen bis ins Ziel tragen wollte. Und das tat ich auch.

3:24:00 brauchte ich. Im Vorfeld hatte ich mir gesagt, dass 3:30:00 mein Ziel wären und ein riesiger Erfolg für mich. Am Ende war ich 6 Minuten schneller. Im Ziel umarmte ich meine Liebste mit den Worten: „Ich habe es geschafft.“ Ein unbeschreibliches Gefühl.

Noch nie in meinem bisherigen Leben bin ich so eine Strecke und für so eine lange Zeit am Stück gelaufen.

Meine Startnummer, Medaille und der von meiner Freundin selbst gebaut Countdown. (Foto: Peter Schmidt)

Alle Daten, die meine Uhr während des Laufes aufgezeichnet hat (Puls, Geschwindigkeit, Belastung uvm.) kannst du dir hier anschauen: https://connect.garmin.com/modern/activity/3598675163 .

Epilog: Hermannslauf 2020

Für mich stand damals schon fest, dass ich mich 2020 wieder dem Hermann stellen will. Nun. Heute habe ich mich angemeldet. Ich werde wieder berichten.

Quelle: https://www.instagram.com/t3llstory/

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